Am 11. Mai 2024 hatte ich die Ehre, in der historischen Aula Leopoldina der Universität Wroclaw/Breslau den Festvortrag beim Jahrestreffen der Deutsch-Polnischen Gesellschaft zu halten. Unter dem Titel „Der lange Schatten eines Krieges: Ein Breslauer erinnert sich“ reflektierte ich über meine tiefe Verbundenheit mit dieser Stadt und die prägende Rolle meiner Geburt kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs.
Ein persönlicher Rückblick auf Breslau
Als jemand, der in Breslau geboren wurde, war dieser Vortrag für mich von besonderer Bedeutung. In meinem Roman „Café Europa“, der 1994 veröffentlicht und später auch ins Polnische übersetzt wurde, habe ich bereits über diese Stadt geschrieben. Breslau, oder Wroclaw, wie es heute heißt, hat in meinem Leben und meinem literarischen Schaffen immer eine zentrale Rolle gespielt. In meiner Festrede wollte ich diese besondere Verbindung nochmals in den Vordergrund stellen, besonders angesichts der aktuellen politischen Lage in Europa.
Die Bedeutung der Vergangenheit
In meiner Rede habe ich die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf mein Leben und mein Schreiben thematisiert. Die Schrecken des Krieges und die Erfahrung der Vertreibung haben mich zutiefst geprägt. Diese Erinnerungen sind nicht nur persönliche Erfahrungen, sondern sie spiegeln auch die Geschichte vieler Menschen wider, die ähnliche Schicksale erlebt haben.
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt, dass die Schatten der Vergangenheit auch heute noch über Europa liegen. Die Ereignisse von damals sind nicht abgeschlossen; sie beeinflussen weiterhin unsere Gegenwart und Zukunft. Dieser Gedanke war zentral in meiner Rede, denn er zeigt die Notwendigkeit, aus der Geschichte zu lernen und gemeinsam für Frieden und Verständigung zu arbeiten.
Austausch mit der jungen Generation
Besonders gefreut hat mich die anschließende Diskussion mit den polnischen Studierenden des Faches Germanistik. Es war inspirierend zu sehen, wie groß das Interesse an meiner Literatur und an den historischen Verbindungen zwischen Deutschland und Polen ist. An der Universität arbeitet ein junger polnischer Wissenschaftler an seiner Habilitationsschrift über meine Werke, was für mich eine große Ehre darstellt.
Nach 1990 habe ich mich verstärkt auf Ostmitteleuropa konzentriert, insbesondere auf Polen und die Ukraine, aber auch auf den Balkan. Mehrere meiner Romane, Gedichte und Essays wurden ins Polnische und Ukrainische übersetzt. Dieser kulturelle Austausch ist für mich von unschätzbarem Wert, und ich hoffe, dass er dazu beiträgt, Brücken zwischen unseren Ländern zu bauen.
Sollten Sie Interesse an der Veranstaltung oder weiteren Informationen haben, können Sie mich gerne unter michael.zeller@web.de kontaktieren. Weitere Details zur Veranstaltung finden Sie auch unter www.breslau-uni-gesellschaft.de.
Am 6. Oktober 2022 ist mir in Berlin der Georg Dehio-Buchpreis verliehen worden, als „Hauptpreis“ für mein „literarisches Gesamtwerk“. Der Preis wird vergeben vom Deutschen Kulturforum östliches Europa in Potsdam.
Mehr Infos und Fotos unter dem folgenden Link
Mit dem Georg Dehio-Buchpreis 2022 des Deutschen Kulturforums östliches Europa werden Michael Zeller für sein literarisches Gesamtwerk und Vasco Kretschmann für sein Buch Breslau museal. Deutsche und polnische Geschichtsausstellungen 1900 bis 2010 ausgezeichnet. Die feierliche Verleihung der Preise findet am 6. Oktober 2022 in Berlin statt.
Die siebenköpfige Jury kürte Michael Zeller zum Träger des Hauptpreises.
Aus der Begründung der Jury:
»Michael Zeller setzt sich als Schriftsteller und Lyriker seit Jahrzehnten mit dem östlichen Europa auseinander, insbesondere mit Polen und der Ukraine. Der gebürtige Breslauer hat über seine biografischen Bezüge zu Niederschlesien und Polen ein von Empathie und Offenheit geprägtes Verhältnis zu Ostmitteleuropa entwickelt. Er ist ein exzellenter Beobachter und Erzähler, dem mit einer sehr präzisen Sprache dichte atmosphärische Annäherungen an Städte im östlichen Europa gelingen und der damit ein sehr eindringliches Bild von ihrer Geschichte vermittelt.
Insbesondere vor dem Hintergrund des russischen Krieges gegen die Ukraine sind seine Aufzeichnungen aus Charkiw ein Beispiel für einfühlsame Beobachtungen und eine abwägende Sprache, die einer komplexen Vergangenheit dieses Teils Europas wie auch der deutschen Verantwortung gegenüber dieser Region gerecht werden.«
Quelle: kulturforum.info